· 

Die Spießer und das Rad

Es gab einmal eine sehr schöne Werbung: Ein sehr cooler, zugegeben etwas zerlumpter Vater, saß mit seiner kleinen Tochter vor einem Wohnwagen. Die Kleine berichtete von betuchten Klassenkameraden. "Das sind doch Spießer!", erklärt ihr alternativer Erzeuger. Daraufhin verkündet die Kleine: "Wenn ich groß bin, will ich auch mal Spießer werden!" Der Vater ist zurecht entsetzt. Denn so ein Spießerleben hat mit Sicherheit seine Vorteile, jedoch auch sehr, sehr viele Regeln, die allesamt kräftig aufs Gemüt drücken würden.

Ihr Nutzen erschließt sich mir hingegen nicht.

Ist es wirklich so wichtig, was die anderen von einem halten? Ist man ein besserer Mensch, nur weil der eigene Rasen zwanghaft auf englische Maße gestutzt wird? Kann wirklich jede olle Nachbarin einen leiden nur weil man sich an die Kehrzeiten hält? Nein! Das ist soooo langweilig und tatsächlich egal. Es ist sehr befreiend mal verwuschelt in der Gegend herumzurennen und das Unkraut Unkraut sein zu lassen.

Außerdem: Die Spießer haben niemals das Rad erfunden. Wenn es nach denen ginge, würde die Menschheit immer noch ihre Lasten hinter sich herziehen, weil man das eben ewig schon so macht.

 

Ich kann mir so eine Diskussion im Altertum gut vorstellen. Zwei Männer schnaufen und ziehen Steinblöcke auf einer Trage hinter sich her: "Mensch Odo, wäre das nicht viel besser, wenn wir da so etwas hätten, so wie so Stämme oder wie so Scheiben, die rollen könnten? Dann wäre das nicht so schweineschwer!"

"Joa, mei, du Saupreuß! Was willschd mache? Scheibe die rolle? Na so ein Schmarn hab ich joa noch nie gehört. Das hamma immer schon so gemacht und des mache ma auch weiter so!"

 

Und einmal auf Saarländisch: "Ei Odo! Was halschde devun, wenn ma das mo däte mit Scheiwe ausprobiere odda so Helzer, die rolle däte. Do wär dat nit so schweineschwer!"

"Ei du Trippsdrillje! Bische dodal durchgeknallt? Scheiwe, die hast du hechstenz vorm Kopp! Das hamma imma so gemacht un das mache ma weida so!" "Eijo, is jo gudd! War jo nur so Idee!"

 

Also, wir halten fest: Freidenker und so bunte Vögel, die braucht die Welt, damit sie sich dreht und das Leben sich entwickelt. Gerade heutzutage wird es immer wichtiger, dass man sich einen freien Kopf bewahrt. Wir sind Menschen, wir haben unterschiedliche Meinungen und das sollten wir auch dürfen. Die Wahrheit liegt meistens irgendwo dazwischen.

 

Eine Freundin kam unlängst zu mir und fragte beim Anblick meiner Einfahrt, was denn da wohl explodiert sei.

Ich ging etwas in mich und dachte: "Vielleicht war es nur das Leben!"